Einsatz von digitalen Endgeräten im Unterricht – ein Interview

Veröffentlicht am: 28. Januar 2016

Steffen Raeder, Fachbereichsleiter für die Ausbildung von Sozialassistenten, im Gespräch mit Margret Witte, verantwortlich für das Marketing der gfp. Sie hat ihn zu seinen Erfahrungen mit dem Einsatz von Smartphones und Tablets im Unterricht der gfp befragt.

Witte: Sie arbeiten jetzt seit diesem Schuljahr mit Tablets und Smartphones in ihrem Unterricht. Warum?

Raeder: Mich hat es immer gestört, wenn die Schülerinnen und Schüler ihre Handys im Unterricht nutzten. Ich habe natürlich versucht, das zu minimieren, da die Schüler ihre Aufmerksamkeit nicht voll auf den Unterricht richten konnten. Dabei war dieses „Minimieren“ war immer eine Gratwanderung, wie viel Störung lasse ich zu, wie viel Störung verursache ich selbst, indem ich die Schüler ermahne. Da ich nicht so auf Ermahnen oder Bestrafen stehe, habe ich mir überlegt, wenn die Schüler die Geräte sowieso nutzen, dann sollte ich doch versuchen, die Technik auch produktiv einzusetzen.

Witte: Also einfach als Trotzreaktion?

Raeder: Nicht als Trotz. Ich habe in meiner Bildungskariere selbst erlebt, wie gut mich die verschiedenen technischen Geräte bei meiner Wissensaneignung unterstützen können. Wie aufwendig war es früher, einen Text zu erstellen, den noch zu illustrieren und dann anderen zur Verfügung zu stellen. Recherchen waren aufwändig und haben eweig gedauert und wenn ich jemanden fragen wollte, musste ich schauen, ob ich ihn erreiche. Heute kann ich Texte erstellen, immer wieder anpassen, wenn mir eine Information fehlt, kann ich im Internet suchen und Experten stehen mir für Anfragen weltweit zur Verfügung. Auch im Unterricht ist es super, wenn man einfach mal schnell etwas nachschlagen kann. Ein Beispiel: ich wusste nicht, was die Abkürzung PEG (Perkutane endoskopische Gastrostomie) bedeutet. Eine Schülerin hat dann schnell nachgeschaut und alle waren zufrieden. Ich denke, dass die Technik unser Lernen optimieren kann.

Witte: Wie haben Sie denn das Ganze jetzt an der gfp-Berlin eingeführt?

Raeder: Ich habe mit unserer IT-Abteilung gesprochen, welche Optionen wir haben, um technische Geräte im Unterricht einzusetzen. Ich wollte, dass die Schüler ihre eigenen Geräte mitbringen und nutzen können. Meine Annahme war, dass ich mich nicht um die Wartung der Geräte kümmern muss und dass die Schüler sich mit ihren Geräten gut auskennen und somit eine Hemmschwelle weniger vorhanden ist. Ich merke dies beispielsweise bei der Nutzung der Laptops, die wir zur Verfügung stellen. Auf denen läuft das Betriebssystem Linux, da treten dann immer mal Schwierigkeiten auf, weil es eben nicht so ist, wie die Schüler es gewöhnt sind. Wir haben W-Lan installiert, mit dem die Schüler ins Internet gehen können. Und es wurden einige zusätzliche PC-Arbeitsplätze für Schüler ohne Tablet/Smartphone eingerichtet. Da wir hier im Haus die Lernplattform „moodle“ nutzen, habe ich die Plattform als zentralen Ort für Unterrichtsmaterialien gleich nutzen können.

Witte: Und wie muss ich mir jetzt so eine Unterrichtsstunde bei Ihnen vorstellen?

Raeder: Eigentlich nicht viel anders als eine Unterrichtsstunde sonst auch. Am Anfang steht immer die Überlegung, welche Methode ist jetzt für diesen Inhalt sinnvoll. Ich nutze die technischen Möglichkeiten eben zusätzlich, um meine Inhalte zu vermitteln. Ich gebe eine Orientierung für die Stunde, indem die Ziele per moodle benannt sind. Die Schüler erarbeiten eigenständig in Gruppen oder allein Inhalte zu offenen Fragen. Dazu können sie dann eben auch das Internet nutzen oder die Materialien, die ich ihnen zur Verfügung gestellt habe. Sie können ihr Wissen mit Hilfe kleiner Übungen überprüfen und sie sichern ihre Ergebnisse in verschiedenen Tools auf der Lernplattform. Der Vorteil ist, dass alle immer auch die Ergebnisse der anderen sehen können und somit jeder die eigenen Ergebnisse überprüfen kann. Das ist unter anderem eines meiner Ziele, warum ich mit den sogenannten neuen Medien im Unterricht arbeite.

Witte: Wie meinen Sie das?

Raeder: Ich glaube nicht, dass das Lernen mit Computern einfacher, spielerischer wird. Lernen ist Anstrengung. Um sich Wissen anzueignen, muss das Gehirn Leistung erbringen, Energie verbrauchen. Beim e-Learning ist es nicht anders. Mit den neuen Medien kann ich mich aber mit anderen leichter vernetzen und austauschen, ich kann besser teilhaben. Diese Teilhabe muss man lernen. Teilhabe bedeutet für mich zum einen, anderen mein Wissen zur Verfügung zu stellen, aber eben auch anderes Wissen zu nutzen. Nutzen im Bildungssinne heißt für mich aber nicht nachplappern, kopieren, das berühmte „copy and paste“, sondern Inhalte kritisch zu hinterfragen. Können die stimmen? Warum glaube ich das, was ich hier gefunden habe? Die Computer sind da, die gehen nicht mehr weg, aber um nicht zu verdummen, muss ich lernen, kritisch mit ihnen umzugehen.

Witte: Wie wollen Sie die „copy and paste“-Mentalität verhindern?

Raeder: Da bin ich immer noch auf der Suche. Entscheidend ist – glaube ich – zum einen, dass die Schüler Lust bekommen, sich anzustrengen, und Lust haben, eine Lösung zum Problem zu finden. Die Fragen müssen offener, auch kontroverser gestellt werden. Je einfacher die Frage, umso leichter kann man die Antwort hineinkopieren.

Witte: Zum Abschluss noch eine Frage in die Zukunft. Welche weiteren Pläne gibt es?

Raeder: Wir wollen die Kapazitäten für das W-Lan im Schulgebäude erhöhen, damit auch weitere Klassen dieses Angebot nutzen können. Mein Wunsch ist es auch, dass mehr gfp-Lehrkräfte die technischen Möglichkeiten während des Unterrichts nutzen. Persönlich will ich meine ersten Erfahrungen reflektieren und meine Unterrichtsgestaltung weiter an die neuen Medien anpassen.

Witte: Vielen Dank für das Gespräch.

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